Rechtliche Aspekte des therapeutischen Trachealkanülenmanagements

Das therapeutische Trachealkanülenmanagement stellt Therapeuten vor rechtliche Fragen. Anders als bei der Therapie einer Dyslalie oder einer Aphasie kommen bei Patienten mit Trachealkanüle teils direkte Manipulation am Patienten vor. Auch kann falsches Vorgehen den Patienten gefährden. Die rechtliche Bewertung erfordert daher eine Beleuchtung mehrerer Aspekte. Entscheidend ist die Haftung, sowohl die zivilrechtliche als auch die strafrechtliche.

zivilrechtliche Haftung

Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) § 823 (1)

Im Falle einer Verletzung der Trachea im Rahmen eines Trachealkanülenwechsels beispielsweise, müsste der Patient, sofern er Klage vor einem Zivilgericht einreicht nachweisen, dass die Verletzung vorsätzlich oder fahrlässig zugefügt wurde. Bei einer guten Dokumentation der Therapieinhalte und des eigenen Vorgehens, sollte das nicht möglich sein.

Zur eigenen Sicherheit sollte man sich als Logopädin vorher mit seiner Berufshaftpflicht-Versicherung kurzschließen. Im Falle einer Verurteilung zu Schadensersatz vor einem Zivilgericht würde diese Versicherung greifen.

strafrechtliche Haftung

Ungleich komplexer ist der strafrechtliche Aspekt. Wie im zivilrechtlichen Haftungsfall sollte es schwer sein, einer Logopädin Vorsatz nachweisen zu können – weil Logopädinnen und Logopäden ihre Patienten nicht vorsätzlich verletzen.

Die andere Fragestellung im Strafrecht lautet, ob es sich um Fahrlässigkeit handelt.

Kann eine Logopädin nachweisen, dass sie die nötigen Kenntnisse für einen Trachealkanülenwechsel besitzt und die Einwilligung des Patienten hat, ist eine mögliche Verletzung im Rahmen der Therapie keine Fahrlässigkeit.

Einwilligung

Patienten kommen freiwillig in die Praxis – oder lassen die Logopäden freiwillig ins Haus kommen bei einem Hausbesuch. Sie haben eine Verordnung vom Arzt. Daraus ergibt sich eine stillschweigende Einwilligung in therapeutische Maßnahmen, also ein Behandlungsvertrag nach § 611 des BGB.

Die Einwilligung des Patienten bzw. eines möglichen Betreuers kann man sich ggf. außerdem einholen. Im Rahmen eines Aufklärungsgesprächs sollten alle möglichen Inhalte der Therapie angesprochen und erklärt werden. Die Durchführung eines solchen Gesprächs kann man in einem Behandlungsvertrag festhalten.

Unterlassene Hilfeleistung

In Bezug auf das Absaugen sollte man einen weiteren Aspekt beachten. Ist ein Patient mit einer Trachealkanüle verschleimt, leidet unter aktuter Atemnot, dann muss man als Logopädin sogar absaugen. Es nicht zu tun, kann als unterlassene Hilfeleistung ausgelegt werden.

Wer bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr oder Not nicht Hilfe leistet, obwohl dies erforderlich und ihm den Umständen nach zuzumuten, insbesondere ohne erhebliche eigene Gefahr und ohne Verletzung anderer wichtiger Pflichten möglich ist, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

Strafgesetzbuch (StGB) § 323c

Nachweis von Kenntnisse und Fähigkeiten

Auf dem Markt der Fortbildungen für Logopäden gibt es Seminare, die sich mit dem Trachealkanülenmanagement beschäftigen. Wer mit Trachealkanülen-Trägern arbeiten will, muss sich fortbilden und die Handlungen regelmäßig üben.

Reha-Kliniken oder Akutkrankenhäuser bieten manchmal entsprechende Hospitationsmöglichkeiten an, Dysphagie-Zentren oder Schluckambulanzen sind auch kompetente Ansprechpartner.

Bei einem konkreten Patienten ist es vielleicht sogar hilfreich, die Therapiezeit so zu planen, dass der behandelnde Arzt im Haus ist oder der Pflegedienst. Gemeinsam kann dann das Vorgehen besprochen werden oder das Absaugen geübt werden. Die Einrichtung oder der Arzt stellen einem dann sicher einen Nachweis aus, dass man in Absaugen und Trachealkanülenmanagement eingewiesen wurde.


Quelle und weiterführende Literatur