Neben den bekannten Komplikationen und Auswirkungen einer Trachealkanüle wird die Einschränkung der Kommunikation von vielen Patientinnen und Patienten als das größte Übel empfunden.
Luftumlenkung
Im Rahmen des therapeutischen Trachealkanülenmanagements versuchen Logopädinnen und Logopäden, die Trachealkanüle zu entblocken – also die Luft aus dem Cuff zu entfernen – um dann mit Hilfe eines Sprechventils die Luft bei der Exspiration durch Mund uns Nase umzulenken. Dabei strömt die Luft wieder durch den Kehlkopf und die Stimmlippen können eingesetzt werden.
Sprechventile gibt es von unterschiedlichen Herstellern mit ein paar besonderen Funktionen.
Gemeinsam haben Sprechventile die Funktion, dass sie die Trachealkanüle bei der Ausatmung verschließen. Die Luft der Exspiration muss sich als bildlich einen neuen Weg suchen. Dieser führt an der Trachealkanüle vorbei und dann durch den Kehlkopf – also den physiologischen Weg. Da die Ventile bei der Einatmung öffnen, gilt der verkürzte Atemweg und der erhöhte Atemwiderstand bei der Einatmung weiterhin.
Damit das Sprechventil öffnet, muss der Sog der Atmung ausreichen, die dünne Membran zu bewegen. Dies kann bei ersten Versuchen oder sehr schwacher Atemmuskulatur durchaus zu anstrengend sein. Um in so einem Fall zu verhindern, dass die Patientinnen und Patienten das Gefühl haben, zu ersticken, gibt es Sprechventile mit einer verstellbaren zusätzlichen Öffnung. Dadurch kann die Einatmung durch das Ventil erleichtert werden.
Außerdem gibt es Sprechventile mit einem Anschluss für Sauerstoff, bei entsprechendem Bedarf. Einige Hersteller realisieren diesen Sauerstoffanschluss durch einen aufsteckbaren Ring, andere integrieren die Öffnung direkt in das Sprechventil.
Fehlerquellen für Sprechventile
Für den erfolgreichen Einsatz eines Sprechventils muss die Luft bei der Ausatmung an der Trachealkanüle vorbei nach oben umgelenkt werden können. Wenn das nicht funktioniert und die Patient:innen die Ausatmung nicht durch Mund und Nase realisieren können, muss das Problem identifiziert werden. Es gibt typische Gründe, warum die Luftumlenkung nicht klappt:
- Der Cuff ist nicht vollständig entcufft:
Die gesamte Luft muss aus dem Cuff entfernt werden, es reicht nicht, den Cuff-Druck auf Null zu bringen. - Lagerung der/des Patient:in
Unter Umständen ist die Lagerung der/des Patient:in nicht optimal und dadurch der anatomische Weg versperrt. Eine optimierte Lagerung kann helfen, den Weg für die Luft bei der Ausatmung frei zu machen. - Art der Trachealkanüle
Die Art der Trachealkanüle kann ein Hindernis sein. Gerade wenn sie mit einer bestimmten Krümmung versehen ist und das Ende der Trachealkanüle nicht direkt in der Trachea liegt. Es kann vorkommen, dass die Öffnung der TK auf die Trachealwand gerichtet ist und die Kanüle selbst den Weg der Ausatemluft verengt. - Zu viel Sekret
Wenn sehr viel Sekret in der Trachea vorhanden ist, dann kann dies zu einem gestörten Luftstrom führen. Sekretmanagement ist eine wichtige Aufgabe im Rahmen des Trachealkanülen-Managements und kann helfen, den Weg frei zu machen. - Größe der Trachea
Wenn das Verhältnis von Trachealkanüle und Trachea in Bezug auf die Grüße ungünstig ist, kann schlicht kein Platz für die Luft sein. Die Trchea ist vielleicht für die gewählte Trachealkanülen-Größe zu klein. Die Wahl einer kleineren TK kann Abhilfe schaffen. - Stenose oberhalb des Cuffs
Manchmal bildet sich oberhalb des Cuffs und unterhalb der Glottis eine Stenose, die den Weg für die Luft versperrt. Insbesondere eine instabile Schleimhaut kann eine solche Verlegung verursachen, aber auch Tumore oder Ödeme.
Grundsätzlich muss dem Problem auf den Grund gegangen werden. Eine Tracheoskopie oder ein anderes Verfahren zur anatomischen Beurteilung sollte eingesetzt werden, wenn der Einsatz eines Sprechventils nicht möglich ist!
beatmete Patientinnen und Patienten
Es gibt auch ein Sprechventil das bei beatmeten Patienten eingesetzt werden kann. Im Gegensatz zu klassischen Sprechventilen lässt sich das Passy Muir Ventil 007 (PMV 007) zwischen die Trachealkanüle und das Beatmungsgerät positionieren. Es funktioniert dabei nicht anders als jedes andere Sprechventil: die Inspiration – in diesem Fall die invasive Beatmung – öffnet das PMV und bei der Exspiration schließt sich das Ventil und lenkt die Luft durch den Kehlkopf um.
Das setzt unter Umständen Anpassungen an dem Beatmungsgerät voraus. Das Tidalvolumen muss häufig angepasst werden und die Alarmgrenzen erfordern andere Einstellungen. Das Handbuch zum Passy Muir Ventil hilft den Ärzten, die Anpassungen am Beatmungsgerät vorzunehmen.
Das Tidalvolumen muss angepasst werden, da auch bei einem PMV die Trachealkanüle entblockt werden muss. Damit entsteht eine Leckage, die durch das höhere Tidalvolumen ausgeglichen werden kann.
Wie das Passy Muir Ventil genau funktioniert, erklärt diese kleine Serie an Videos, die vom Hersteller auf YouTube veröffentlicht wurde:
Schlucken mit oder ohne Sprechventil
Tatsächlich entsteht durch die Kombination von Beatmung und PMV ein stetiger Druck von unten Richtung Larynx. Eine Untersuchung in der Schweiz mit einer Handvoll Patienten, die unter Beatmung mit einem Passy Muir Sprechventil versorgt waren, zeigte, dass sich dadurch das Aspirationsrisiko relevant verringerte. Beatmete Patienten mit Passy Muir Ventil in vielen Fällen kleinere Mengen Testkost schlucken, ohne zu aspirieren – während sie ohne Sprechventil nicht oralisiert werden konnten.